Akt 1: Das Gehirn programmieren
Ohne den Kopf bewegt sich keine Muskel. Man spielt wie man denkt. Die Qualität des mentalen Trainings bestimmt daher die Qualität des körperlichen Trainings. Umgekehrt, hinterlässt die Qualität des physischen Trainings eine Spur im Gehirn. Der Job des Trainers im Spitzensport ist es, beide Trainingsarten zu optimieren und zu harmonisieren.
Mentales Training funktioniert folgendermaßen: Sie schließen die Augen und stellen sich vor, wie Sie den Ball beim Torschuss so perfekt treffen, dass er in eine der vier Ecken des Tores geht. Oder, dass sie einen perfekten Pass zum Mitspieler schlagen, direkt in the Lauf, so dass dieser den Ball entweder ideal weitergeben oder aufs Tor knallen, kann.
Sie trainieren mental, wenn Sie abends im Bett liegen, in Ihren Träumen, während des Fernsehprogramms, oder während Sie im Auto, Zug oder Flugzeug sitzen. In anderen Worten, Sie trainieren immer mental, während Ihrer ganzen Profi-Karriere. Auf diese Weise „erleben“ Sie den Schuss im Kopf und machen aus einem anfänglich kleinen Trampelpfad im Gehirn eventuell eine Dorfstraße. Monate oder Jahre später, wenn Sie Schuss und Pass in the Halle!! zigtausend Mal geübt haben, wird aus der Dorfstraße nach und nach, also nach einigen weiteren zigtausend Schüssen und Pässen, eine Bundesstraße, die dann in den folgenden Jahren, wenn Sie Ihre Künste auf dem Spielfeld anwenden, sich langsam zur Autobahn ausweiten. Eine Autobahn im Kopf heißt Perfektion auf dem Spielfeld.
Wenn Sie 5 Jahre lang, im Kopf und in der Halle, den perfekten Pass oder Schuss üben, werden Sie zum Scharfschützen (scharf heißt power). So einen Fußballspieler gibt es noch nicht. Aber es gibt viele andere Spitzensportler, Nichtfußballer, die so trainieren. Sonst wären Sie nicht Spitzensportler (im Tennis, Golf, Basketball, Football, Volleyball, Fechten, Boxen, etc.) geworden. Man sagt, dass eine Bewegung, oder ein Satz von Bewegungen, mindestens zehn Tausend Mal geübt werden muss, damit sie „sitzt“. Perfektion verlangt angehendes Weiterüben.
Dies sind Methoden und Dimensionen, die im Massensport Fußball noch nicht angekommen sind. Die jetzigen Trainingsmethoden sind noch ziemlich primitiv. Die Spanier, mit ihren schnellen Pässen und Denken, sind da schon einen Schritt weiter, wie die WM 2010 gezeigt hat. Nur können die Spanier nicht aufs Tor schießen. Sie habe Torschüsse nicht ein paar hundert Tausend Mal geübt. Das kann man verallgemeinern: Kaum jemand im Fußball hat irgendetwas so oft geübt. Im Psychomotor (Kopf-Fuß) Domain. Aber, wie gesagt, Spitzensportler in anderen Sportarten trainieren so. Lesen Sie Bücher über „die Großen“ im Sport und Kultur (z.B., Musiker, Dirigenten) und Sie werden diese Aussage bestätigt finden. Keiner kann im Meisterschaft erlangen, der nicht jahrelang hart trainiert. Bei „hart“ meine ich einzelne Bewegungen viele zig-tausend Mal wiederholen. Unbekannt im Fußball.
In Deutschland werden Trainer an Sporthochschulen ausgebildet. Sie werden also von Beamten unterrichtet. Das ganze Universitätsprogramm wird staatlich gelenkt. Das ist der Grund, warum so wenige deutsche Universitäten unter den besten Unis der Welt zu finden sind. Staatliche Universitäten können sich mit freien nordamerikanischen Universitäten nicht messen.„Frei“ heißt doppelte Leistung bringen, nicht weil man dazu gezwungen wird, sondern weil man es aus freien Stücken gern macht. Für Deutsche ist das schwer zu verstehen, weil sie wirkliche Freiheit noch nie erlebt haben.
Sie werden dies unvorstellbar finden, aber ich habe es selber über Jahrzehnte erlebt. Als freier Professor, an einer freien, d.h., nicht staatlichen (es gibt in NA keine staatlichen Universitäten), Universität „lebte“ ich meinen Job 16 Stunden am Tag, auch an Wochenenden, weil der Job wie eine Droge auf mich wirkte. Er gab mir „Highs“, die Drogen nicht geben können. Freiheit setzt Energien frei, die vorher nur schlummerten. Neben der Uni hatte ich eine Consulting Firma (Professional Effectiveness Technologies), arbeitete an verschienenen Regierungskontrakten und trieb Forschungen auf verschiedenen Gebieten – nicht weil ich es musste, sondern weil ich es wollte und konnte, weil es mich interessierte. So etwas gibt es in Europa nicht. Die Systeme und Strukturen sind dramatisch anders. Der Staat und riesige Beamtenapparat bestimmt in Deutschland, wo es lang geht.
Der DFB sollte seine eigene Fußballhochschule gründen, und mit sorgfältig ausgesuchten Experten bestücken. Auf diese Weise würde sich der Job des Trainers, das Training selbst, und die sich daraus ergehende Spielweise, gewaltig ändern.
Die WM hat gezeigt, dass im Moment fast alle Ländermannschaften gleich spielen. Gleich schlecht, meine ich. Der Fußball ist reformbedürftig. Weil schlecht, ist er jedoch enorm steigerungsfähig. Das Land, das zuerst aus der Mittelmäßigkeit erwacht, wird den Fußball international beherrschen. Die Spanier sind auf dem besten Weg. Obwohl sie noch nicht gut schießen können. Aber die Spieler kennen sich und spielen schon seit langem zusammen. Auf diese Weise konnten sie sich als Team zusammen finden. Kurzfristig bunt zusammengewürfelte Mannschaften können in ein paar Tagen oder Wochen nie zu einem effektiven Team zusammenfinden. Daher bleiben die 22 sorgfältig ausgesuchten, zu einander passenden, Spieler im Powerfußball ein „Fußballleben“ zusammen. Erst danach (mit 35 Jahren), heiraten sie und bauen eine Familie auf. Bis dahin ist das Team die Familie.
Um zum mentalen Training zurück zu kommen, ich will die Sache einmal übertreiben und Sie, mit etwas Glück, vielleicht sogar zum Schmunzeln bringen: Es ist möglich, eine Mannschaft nur mental zu trainieren. Diese Mannschaft wird eine nicht-mental trainierte Mannschaft nach ein paar Jahren klar schlagen. Wetten, dass?
Akt 2: Den Schuss und Pass üben, üben, üben, üben, üben, über, üben, üben und üben
Bevor junge Spieler sich mit dem Schuss und Pass befassen, lernen Sie von einem Karateexperten, wie man die Kraft „Chi“ in einen Schuss mit einbaut. Sie haben sicherlich schon Vorführungen gesehen, in denen „Experten“, z.B. junge 12-jährige Mädchen, mit einem einzigen Schlag der Handkante zwei oder drei übereinandergelegte Ziegelsteine in kleine Stücke zerschlagen. Diese Kraft, die aus der Entspanntheit entsteht, seit langem in Fernen Osten bekannt, hat noch kein Land ins Trainingprogramm von Schuss und Pass mit eingebaut.
Wie funktioniert das? Der Spieler ist total entspannt. Das ist er während des ganzen Spiels sowieso. Auch wenn er läuft, huscht er nur (so, wie Philip Lahm es macht). Sie holen mit dem Schwungbein nicht weit aus, sondern Ihr Schussbein trifft den Ball aus kurzer (30 bis 40 cm) Entfernung, aber so hart, dass man es „knallen“ hört. Im letzten Bruchteil der Sekunde, kurz bevor der Fuß den Ball trifft, spannen Sie den ganzen Körper an, so wie man einen Bogen spannt, und lassen diese Spannung, also diese Energie, dann in den Schuss fließen, genauer gesagt, dorthin, wo Fuß und Ball sich treffen. Sobald es „geknallt“ hat, ziehen Sie den Fuß zurück und entspannen sich wieder. Die Muskeln für diese Art von Schuss müssen langsam heranwachsen. Man darf es anfänglich also nicht übertreiben.
Sie trainieren Schuss und Pass nur mit dem Innenriss und der Innenseite. Das sind die „sichersten“ Schüsse, also die Schüsse mit der größten Berührungsfläche von Ball und Fuß, für zwei bis drei Monate, in slow motion, mit Ball, im Seminarraum. Der Trainer mischt sich nicht ein. Zuerst trainieren Sie allein, bis Sie glauben, die beiden Schüsse im Griff zu haben. Dann erklären Sie Ihre Schussweise einem Mitspieler, bis ins kleinste und feinste Detail, wie Sie sich den idealen Schuss und Pass vorstellen. Der Mitspieler hört zu und stellt Fragen. Dann sagt er Ihnen, wie er sich den perfekten Schuss vorstellt. Sie werden erstaunt sein, wie anders er Schuss und Pass angeht.
An folgenden Tagen, ja Wochen, erklären Sie jedem Ihrer 21 Mitspieler, und jeder Ihrer Mitspieler erklärt Ihnen, bis ins winzigste Detail, wie ihr perfekter Schuss/Pass aussieht. Wenn Sie etwas von einem Mitspieler hören, das Sie interessiert, inspiriert oder imponiert, bauen Sie es in Ihre sehr persönliche Vision eines perfekten Schusses/Passes mit ein. Ziel ist, Ihr Muster eines perfekten Schusses und Passes erst zu entwickeln und dann im Gehirn zu verankern.
Trainieren Sie anfänglich ausschließlich mental, bis das Muster im Gehirn klar eingeritzt ist. Rufen Sie es dann so oft wie möglich, in jeder Freistunde, ab und wenden Sie es mental an. Sie schießen also im Kopf aufs Tor, bis sie Schuss und Pass perfektionieren. Wenn Sie z.B. nachts aufwachen, sollten sie in der Lage sein, die Schuss und Passmuster blitzschnell abzurufen.
Erst dann trainieren Sie in der Schuss- und Passhalle. Diese Hallen gibt es bisher noch nicht. Sie sind jedoch unabdingbar im Powerfußball. Sie sind genau so wichtig, wie das Stadion. So können Sie das Schuss und Pass Muster automatisch, also auf schnellste Weise, ohne zu denken, abrufen. Auf diese Weise können Sie schon in der Halle von Anfang an treffsichere Pässe und Schüsse abgeben. Nach ein paar Jahren Training können Sie und Ihre Mitspieler nachts, ohne Licht, genau so gut spielen wie während des Tages.
Akt 3: Täuschung und Geheimsprache anwenden
In einem blitzschnellen Spiel, dass der Powerfußball ja ist, braucht man Sekundenvorteile. Täuschung und Geheimsprache verzögern das Reaktionsvermögen des Gegners. Das macht sie wichtig für den Powerfußball. Denn wenn man diese beiden Manöver perfektioniert, kommt man immer zum Torschuss. Auch Pässe kommen ungehindert dort an, wo sie hingehen sollen.
Das menschliche Gehirn braucht Zeit, um auf die Umgebung zu reagieren. Wenn Sie geschickt und überzeugend nach links täuschen, aber nach rechts abspielen, braucht der Gegner ein oder zwei Sekunden, um zu reagieren, denn sein Gehirn muss erst analysieren, was vor sich geht. Und genau diese Reaktionszeit müssen Sie ausnutzen.
Auf diese Weise, während Sie den Gegner durch Täuschungsmanöver momentan paralysieren, können Sie blitzschnell einen Pass oder Schuss abfeuern. Für Sie bedeutet eine Sekunde ungefähr zwei bis drei Meter Vorsprung. Das reicht, um einen idealen Schuss oder Pass abzugeben. Verallgemeinert heißt das, dass Sie durch Täuschung fast immer zum Pass oder Schuss zu kommen, selbst dann, wenn der Gegner die Täuschung erwartet! Das ist ein Riesenvorteil.
Sogar wenn Sie nur nach links zeigen, aber nach rechts passen, dauert es ein oder zwei Sekunden, bis der Gegenspieler reagieren kann. Und Sie kennen es ja vom 100 Meterlauf,: eine Sekunde kann zehn Meter Vorteil bedeuten.
Es gibt viele Täuschungsmanöver im Fußball. Machen Sie eine Brainstorming Session mit Ihren Spielern. Danach üben Sie jede Täuschung ein paar Tausend Mal mental.
Geheimsprache hat das gleiche Ziel. Wenn Sie „Peter“ rufen und Peter den Ball zuspielen, kann er leicht abgefangen werden, denn Ihre Gegenspieler werden wissen, wer Peter ist. Rufen Sie jedoch „Pock“ (ein wechselnder Geheimname für Peter), wissen die Gegenspieler nicht, wer den Ball bekommen soll. So haben Sie den Überraschungsmoment auf Ihrer Seite. Auf diese Weise kommt der angespielte Mitspieler ungehindert zum Pass oder Schuss.
Geheimsprache kann auch anderen Zwecken dienen. Ist das Spiel flach und lustlos, kann „Now!“ ein Aufruf zu mehr Anstrengung sein, oder „Ha“ kann links, und „Hu“ rechts bedeuten. Der Sinn ist, durch Geheimsprache einen Vorteil zu erzielen.
Akt 4: Zur organischen Taktik überwechseln
Eine organische Taktik ist das Gegenteil von einer mechanistischen Taktik. Die letztere haben wir jetzt.
Als ich lernte, Fußball zu spielen, im Herbst 1945, gleich nach dem Krieg, 1. Knaben, für den SC Union 03 Altona, einen Verein, den es nicht mehr gibt, spielten wir 5 hinten, mit Libero, und 5 vorn. Davor, wenn Sie sich alte englische Filme ansehen, spielte man, wie es 5-jährige heute immer noch tun, im Knäuel: beide Mannschaften rannten laut lachend hinter dem Ball her. Jahrzehnte danach beeinflusste Rugby die Taktik des Fußballs. Man breitete sich in einer Zickzacklinie aus, die dann hin und her wogte. Danach kam die erwähnte Zweier-Taktik. Heutzutage haben wir die sogenannte Dreiertaktik, die auch mitunter Vierertaktik genannt wird, wenn nur ein Spieler vorn spielt.
Hier spricht der Systeme – Strukturen – Methoden Spezialist, ich, auf dessen Kaffeetasse, geschenkt von Zynikern, steht: „Ich bin der Chef. Hier kann jeder meine Meinung sagen.“ Alle Taktiken sind Hirngespinste. Sie sind fast immer das Produkt eines einzelnen Menschen, der, wie Charles Darwin es uns aus der Tierwelt bestätigen konnte, seine Ideen anderen aufzwingt. Daher die vielen Toten in Kriegen. King Kong will immer das Sagen haben, um jeden Preis, auch wenn es ein paar Millionen Menschenleben kostet. Was kümmert es ihn. So ist es auch im Fußball: die Dreier-Taktik ist ein Hindernis zum freien Spiel. Sie ist über 50 Jahre alt. Sie hat ausgedient. Die FIFA sollte zu einem weltweiten Begräbnis in der Wüste Afrika’s einladen und sie offiziell begraben.
Wenn wir die Dreier-Taktik begraben, was kommt an ihrer Stelle? Eine nicht von einem Menschen ausgedachte Taktik, sondern eine sich fast von selbst ergebende Taktik, also eine organische Taktik, „der belebten Natur angehörend, eine Einheit bildend“ wie es im Zeit Lexikon steht.
Die organische Taktik kann in einem Satz ausgedrückt werden: Jeder Spieler steht zu jedem Zeitpunkt richtig zum Spiel. Das erfordert Spielintelligenz. Ein Spieler muss 90 Minuten lang das Spielgeschehen überblicken, und immer selbst so stehen, dass er optimal zum Spiel steht. Keine leichte Aufgabe. Die Spieler werden am Ende eines Spiels vom Denken, nicht vom Spielen, ermüdet sein, es sei denn, sie haben die organische Taktik so oft erst im Seminarraum und dann im Kopf geübt, dass sie nicht mehr zu denken brauchen. Sie ist dann im Gehirn eingebrannt. Eine weitere, wichtige Autobahn des Powerfußballs.
Wenn Sie organisch spielen, steht beim Angriff jeder Spieler entweder in Schussposition oder er steht so, dass er Steilvorlagen geben kann, die zum Torschuss führen. Daher die hohe Torquote im Powerfußball. Vom Torwart zum Pass zum Torschuss in vier, fünf, oder sechs Sekunden! Das ist das Ziel. Daher die vielen Zuschauer. Sie sehen selten weniger als ein Dutzend Tore in einem Spiel, von jeder Mannschaft. Es gibt viele Traumpässe und Traumtore. Es gibt viele Gelegenheiten zum Jubeln. Fußball wird zur Performance, zum Theater ohne Worte.
Wenn das eigene Team verteidigt, steht jeder Spieler so, dass er Torschüsse verhindert und gleichzeitig versucht wieder in Ballbesitz zu kommen. Gelingt ihm das, wechselt er blitzschnell auf Angriff um.
Die organische Taktik ist leicht zu lernen. Es ist etwas schwieriger, sie während des Spiels anzuwenden. Dieser Prozess muss, wie alle Grundmuster, einige Zig Tausend Mal geübt werden. Eine genaue Beschreibung finden Sie unter www.powerfussball.net, Organische Taktik.